Gerichtsurteil ohne Zeugenvernehmung ist anfechtbar

Sachverhalt

Der Kläger betrieb im Streitjahr ein Unternehmen und befand sich im Streitjahr in einem finanzgerichtlichen Verfahren mit dem Finanzamt.
Im Verfahren wurde ein Zeuge durch Beweisbeschluss zur mündlichen Verhandlung geladen. Der Zeuge erschien nicht und der Kläger beantragte, den Zeugen erneut vorzuladen.

Aufgrund der mündlichen Verhandlung wies das Finanzgericht die Klage ab, ohne mitzuteilen, dass es nicht mehr beabsichtige den Zeugen vorzuladen.

Wegen der Entscheidung ohne Zeugenvernehmung machte der Kläger einen Verfahrensfehler geltend.

Urteil
(BFH, Urteil v. 04.04.2024 – V B 12/23; Link zur Entscheidung)

Der BFH bestätigte einen Verfahrensmangel i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

Das Finanzgericht hat den Beteiligten vor Erlass des Urteils unmissverständlich darauf hinzuweisen, wenn es von der Vernehmung eines Zeugen absehen will, nachdem dieser zur mündlichen Verhandlung geladen war.

Durch einen Beweisbeschluss wird eine Verfahrenslage geschaffen, auf welche Beteiligte ihre Prozessführung einrichten dürfen. ⇒ Sie können grundsätzlich davon ausgehen, dass das Urteil nicht ergehen wird, bevor der Beweisbeschluss vollständig ausgeführt ist.

Das Finanzgericht ist zwar nicht verpflichtet die Beweisaufnahme in vollem Umfang auszuführen, muss dann aber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass es den Beweisbeschluss als erledigt betrachtet.

Dasselbe gilt wenn gem. § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 FGO ein Zeuge zur mündlichen Verhandlung geladen wurde.

Unterbleibt ein solcher unmissverständlicher Hinweis verletzt das Finanzgericht den Anspruch auf rechtliches Gehör gem. § 96 Abs. 2 FGO und Art. 103 Abs. 1 des GG.

Die Entscheidung des BFH macht nochmals deutlich, dass sich auch das Finanzgericht und die Finanzverwaltung an die Feinheiten des Verfahrensrechts zu halten haben.

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Gerwin Schlegel
Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt
Partner
0211 / 828901-0

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